Wir müssen uns von Projekten trennen, wenn wir das Klimaziel ernst meinen
Die Klimaschutzpolitik stellt den Lübecker Haushalt vor erhebliche Herausforderungen. Die FDP sieht einen harten Kampf um die richtigen Prioritäten auf die Stadt zukommen. Hierzu erklärt der Fraktionsvorsitzende Thorsten Fürter:
„Lübeck hat die Klimaneutralität 2035 beschlossen. Die FDP hat in der Bürgerschaft gegen dieses Klimaziel gestimmt. Nicht weil wir eine möglichst frühe Klimaneutralität ablehnen, sondern weil wir die Zielsetzung als unrealistisch angesehen haben. Jetzt wird immer deutlicher, dass der Klimaschutz der Rathauspolitik den Mut zu einer anderen Schwerpunktsetzung abverlangt. Wir werden wieder lernen müssen, zu eigentlich wünschenswerten Projekten auch mal nein zu sagen. Aus heutiger Sicht ist völlig offen, ob Bürgermeister Jan Lindenau und eine Mehrheit der Fraktionen dazu überhaupt bereit sind.
Denn die Investitionsmittel sind begrenzt. Wir wissen heute, dass wir für den Klimaschutz sehr viel Geld brauchen. Schulen und Verwaltungsgebäude dämmen, Stromnetze ertüchtigen, Fernwärmenetze bauen, Energiegewinnung klimaneutral umbauen, städtische Gesellschaften wie Stadtwerke und Trave für Klimaschutzthemen fit machen: All dies wird Kosten im Milliardenbereich nach sich ziehen. Langsam dämmert es vielen: Es wird niemand anderes die Rechnung für die Stadt übernehmen. Fördermittel werden - im Gegenteil - aktuell reduziert, das Geld sitzt auch bei der Bundes- und der Landesregierung nicht mehr so locker.
Wenn wir das Ziel der Klimaneutralität ernst meinen, müssen wir bereit sein, uns bei der Haushaltsaufstellung zu fokussieren. Das bedeutet, wir müssen auch andere Vorhaben in Frage stellen. Muss es wirklich das geplante Umweltbildungszentrum sein? Brauchen wir wirklich die ganzen Neubauten von städtischen Altenheimen? Braucht die Stadt jedes Jahr mehr Personal? Die Idee, alles wie bisher weiterlaufen zu lassen und die Investitionen in den Klimaschutz quasi ‘on top’ zu machen, kann nicht funktionieren. Das würde nur die Verschuldung, die wir in den vergangenen Jahren mühsam abgebaut haben, wieder nach oben schnellen lassen. Den Titel ‘Schuldenkönigin von Schleswig-Holstein’ wollen wir nicht zurück. Wir müssen uns also von Projekten trennen, wenn wir Klimaschutz ernst meinen.
Aber auch Kleinvieh macht Mist. Der Bürgermeister und auch wir in der Bürgerschaft waren in der Vergangenheit zu schnell dabei, Schecks in der Stadt zu verteilen. Haushaltsmittel für ein Museumsschiff, Zuschüsse für die Travemünder Woche, immer mehr Personalstellen für den Ordnungsdienst und die Strategieabteilung des Bürgermeisters, mehr Geld für Musikschulen: Das sind aktuelle Beispiele für Ausgaben, über die wir künftig ernsthafter sprechen müssen. Alle Fraktionen sind gefordert, an der Fokussierung mitzuwirken.”