Votum des Gestaltungsbeirates in Sachen Holstentorparkhaus wirft Fragen auf
Anfang Juni 2020 beschäftigte sich der Gestaltungsbeirat in nicht öffentlicher Sitzung mit dem Neubau des Parkhauses am Holstentor. Corona-bedingt wurde die Sitzung als Videokonferenz und nicht wie üblich vor Ort durchgeführt. Derartige Konferenzformate sind nicht ungewöhnlich, erscheinen aber in der vorliegenden Angelegenheit als unglücklich. Sie werfen Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Praktikabilität.
„Ich hätte mir in einer derart sensiblen Angelegenheit mehr Nähe zum Objekt sowie mehr Transparenz gewünscht“, merkt der baupolitische Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Thomas-Markus Leber, an.
Der Bedarf an einem Parkhaus mit einem Stellplatzangebot von 525 Stellplätzen und damit in einer Größenordnung, wie es die FDP stets gefordert und die Bürgerschaft am 29.08.2019 beschlossen hat, wurde vom Gestaltungsbeirat nicht in Frage gestellt. Kritisch bewertet wurde das Vorhaben lediglich im Hinblick auf die Gebäudehöhe. Der Gestaltungsbeirat soll sich in seinem Votum gegen eine Überschreitung der bisherigen Höhe von 13 m ausgesprochen haben. Zur Begründung soll er insbesondere auf die Sichtbeziehungen von den Wallanlagen auf die Altstadt verwiesen haben sowie auf die Einhaltung eines angemessenen städtebaulichen Maßstabs gegenüber der Holstenhalle. Würde man der Empfehlung folgen, würde der Neubau entweder über weniger Stellplätze verfügen (ca. 300 Stallplätze in der Variante System-Parkhaus), müsste an einem anderen Standort realisiert werden (z.B. an der MUK) oder würde erheblich teurer, weil zusätzlich eine Tiefgarage geplant werden müsste.
Es fragt sich ob der Beirat zur gleichen Einschätzung gekommen wäre, wenn er die Begebenheiten vor Ort und insbesondere die Topographie im Rahmen eines Lokaltermins und nicht im Rahmen einer Videokonferenz bewertet hätte. Gut möglich, dass ihm dann aufgefallen wäre, dass ein ungehinderter Blick von den Wallanlagen auf die Altstadt schon vegetationsbedingt nahezu durchgängig nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist. Zur Verdeutlichung einmal folgende Zahlen: Der Höhenzug der Wallanlage weist ungeachtet der Baumhöhen eine Höhe von bis zu 27 m auf. Der Panoramaweg wurde auf 15 m angelegt. Nahezu alle Bäume gelten als vital, stehen unter Schutz, dienen der Naherholung, dem Lärm- und dem Klimaschutz. Dies gilt auch für die Baumreihe, die das Parkhaus auf der anderen Seite zur Obertrave hin begrenzt. Auch hier überragen die Bäume das Parkhaus um Meter.
„Die Begründung der Baukörperhöhenbeschränkung auf 13 m erscheint insoweit nur bedingt nachvollziehbar. Die FDP-Fraktion hält eine Überprüfung der Sichtbeziehungen und damit eine Überprüfung des Votums des Gestaltungsbeirates für dringend angezeigt“, stellt FDP-Vize Leber fest. Die Höhenbegrenzung auf 13 m sollte überdacht und idealer Weise im Hinblick auf den angedachten Architektenwettbewerb flexibler gehandhabt werden. Geringfügig größere Spielräume erscheinen vor dem Hintergrund der lokalen Begebenheiten als vertretbar und würden dem Projekt in vielerlei Hinsicht gut tun.
Verbindliche Entscheidungen, wie sie eine Pressemeldung nahelegt, sind ohnehin nicht Sache des Gestaltungsbeirates. Er spricht Empfehlungen aus und hat als beratendes Gremium die Aufgabe, ihm vorgelegte Vorhaben auf städtebauliche, architektonische und gestalterische Qualitäten zu überprüfen und zu beurteilen, um zur Verbesserung des Stadtbildes beizutragen sowie die architektonische Qualität und Baukultur auf hohem Standard zu sichern.
„Ziel ist es, das qualitätsvolle Bauen zu fördern, nicht aber es zu verhindern. Seit seiner Einrichtung im Jahre 2003 ist dies dem Gestaltungsbeirat in über 150 Projekten gelungen. Der Weg sollte erfolgreich fortgeführt werden“, so Leber abschließend. Stadtnahe Stellplätze werden in der beschlossenen Größenordnung zwingend benötigt. Dies schon deshalb, weil der Rahmenplan Innenstadt den Wegfall des einen oder anderen Anwohnerstellplatzes vorsieht.