Lübeck braucht Verkehrspolitik ohne Schaum vorm Mund

Thorsten Fürter

Ein Papier der Bundes-FDP mit dem Titel “Fahrplan Zukunft – Eine Politik für das Auto” hat deutschlandweit zu Diskussionen über die Verkehrspolitik geführt. Zur Situation in Lübeck erklärt der Fraktionsvorsitzende der FDP Thorsten Fürter: 

„Menschen, die für ihre Mobilität ein Auto nutzen, haben Anspruch auf eine sachliche Politik. Der FDP-Vorstoß beklagt völlig zutreffend eine zunehmend ideologisch getriebene Verkehrspolitik gegen das Auto. In Lübeck haben viele den Eindruck, Bürgermeister Jan Lindenau hat alle Autonutzer zum Staatsfeind Nr. 1 erklärt. 

Wir sollten in der Verkehrspolitik zu einer Politik ohne Schaum vorm Mund zurückkehren. Das gilt in beide Richtungen. Auch eine Politik “pro Auto” wird der Lebenswirklichkeit in Großstädten nicht gerecht. Die Mobilität hat sich verändert und wird sich weiter verändern. Eine blinde Politik gegen das Auto ist genauso falsch wie eine Hoffnung auf die Rückkehr in die 50-70er Jahre. Das gilt auch für Lübeck. Natürlich wird niemand die Breite Straße wieder für den Verkehr freigeben oder die ohnehin zu geringen Parkkapazitäten in der Innenstadt durch kostenlose Angebote überlasten. 

Auch wenn sich linke Stadtplaner das vielleicht nicht wünschen: Viele Menschen werden weiterhin das Bedürfnis haben, individuell mit Fahrzeugen mobil zu sein. Zum Beispiel junge Frauen und Männer, die auf dem Weg zur Arbeit ihre Kinder zur Kita bringen. Zum Beispiel ein Handwerksmeister, der zum Kunden unterwegs ist, um dort eine Solaranlage zu installieren. Zum Beispiel die Mitarbeiterin eines Pflegebetriebs, die Patienten für die ambulante Pflege aufsucht. Zum Beispiel die zum Unfallort gerufene Notärztin. Eine Politik, die sich nur an denen orientiert, die aufgrund glücklicher Umstände ihr Leben ohne ein Auto organisieren können, ist ideologisch und falsch.  

Vor diesem Hintergrund haben wir in der Bürgerschaft der Anti-Auto-Politik von Herrn Lindenaus Stadtverwaltung klar die Grenzen aufgezeigt: Die Innenstadt braucht ein angemessenes Parkraumangebot und in den Wohnvierteln müssen wir mit digitalen Konzepten und Quartiersgaragen dem Parkplatzmangel entgegenwirken. Der gemeinsam mit CDU und Grünen auf den Weg gebrachte Beschluss sah die Vorlage des Konzepts bis Juni 2024 vor. Bisher ist Bürgermeister Jan Lindenau die Vorlage schuldig geblieben.  

Es gibt weitere Probleme am Horizont: Vermehrte Straßensperrungen an den Brücken verschlechtern die Erreichbarkeit der Innenstadt und verwirren die Besucher unserer Stadt. Am Kanal werden demnächst Parkplätze wegfallen. Dort wird Platz geschaffen für eine Containerschule, weil der Umbau des Karstadt-Hauses zum Schulgebäude viel zu langsam geht. Das Parkhaus am Holstentor wird irgendwann abgängig sein, ob es einen Neubau geben kann, ist unsicher. Durch die Sperrung der Beckergrube wird die Erreichbarkeit der nördlichen Altstadt massiv eingeschränkt. Seit Mai 2020, also seit über vier Jahren, wird an der Beckergrube probiert und gebuddelt. Man hat den Eindruck, dass jeder Stein 10-mal umgedreht wird. Dass es trotz dieser jahrelangen Arbeiten nicht gelungen ist, die demnächst anstehende Komplettsperrung zu vermeiden, ist ein Armutszeugnis für das Baumanagement der Stadt. Das Nachsehen haben die Gewerbetreibenden in diesem Teil der Innenstadt.”