Lübecker Sonderweg erschwert Digitalisierung

Heute wurde eine neue Jugend-App für Lübeck vorgestellt. Für die FDP begrüßen der jugendpolitische Sprecher Daniel Kerlin und der Digitalexperte der Fraktion Thorsten Fürter das neue Angebot. Kritisch sehen beide aber das Beharren der Stadt auf Sonderwegen:

„Diese App der Stadt kommt eigentlich zwei Jahre zu spät. Als während der Lockdowns junge Menschen in vielen Fällen nicht mehr erreichbar waren, hätten wir einen Messenger zur Kontaktaufnahme dringend gebraucht. Gleichwohl erkennen wir das Bemühen der Stadt für die Jugendlichen ein Angebot mit kommunalen Informationen zu schaffen. 
Allerdings stellt sich Lübeck hierbei oft selbst ein Bein. Statt über die Apps mit Jugendlichen zu kommunizieren, die diese schon verwenden, muss jetzt eine neue App installiert werden. Es ist absehbar, dass viele sie nicht nutzen werden. Ein ähnliches Problem besteht bei den Informationen der Smart City Plattform, die über gängige Kartenapps wie Google Maps bis heute nicht nutzbar sind und damit auf den Handys der meisten Lübecker schlicht nicht ankommen.

Den immer noch massivsten Sonderweg bestreitet Lübeck aber im Bereich der Sozialen Medien, was die Digitalisierung deutlich erschwert. Anders als praktisch alle größeren Städte in Schleswig-Holstein verzichtet die Stadt noch immer komplett auf Kanäle in sozialen Medien. Städte wie Kiel, Flensburg und Hamburg nutzen diese seit Jahren und halten dort Alt und Jung mit Informationen über das kommunale Geschehen auf dem Laufenden. In Lübeck stellt sich der Bürgermeister auf die Rechtsposition, die Stadt dürfe keine Kanäle betreiben. Da inzwischen sogar der Rechtschaffung verpflichtete Behörden wie das Landgericht Lübeck und die Polizei in Sozialen Netzwerken unterwegs sind, ist diese Rechtsauffassung des Bürgermeisters nicht mehr haltbar.

Es ist im Gegenteil so, dass die aktuelle Praxis rechtlich bedenklich ist. In Lübeck werden kommunale Informationen derzeit im Wesentlichen ausschließlich über private Social-Media-Kanäle des Bürgermeisters verbreitet, über die der Bürgermeister auch ganz offen Parteiwerbung verbreitet. In allen anderen Städten werden die Kanäle für kommunale Information einerseits und parteipolitische Kanäle eines Amtsinhabers andererseits dagegen sauber getrennt.”

Hintergrund

Die Stadt Kiel hat bei Facebook über 15.000 Follower, bei Instagram über 34.000, bei LinkedIn über 2.000 und bei Twitter über 12.000. Lübeck ist in keinem der Netzwerke mit einem eigenen kommunalen Info-Angebot vertreten. Die Facebook-Seite “Hansestadt Lübeck” wird vom Stadtmarketing genutzt.