Die Rede zum Haushalt 2019

Sehr geehrte Stadtpräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herrn,

traditionell am Ende eines jeden Jahres beschließen wir den Haushalt, traditionell am Ende des Jahres stehen die Haushaltsreden an.

Mein Dank gilt zunächst der Verwaltung und hier insbesondere dem Kämmerer Manfred Uhlig für die 2000 Seiten Haushalt; ein beeindruckendes Werk. Vielen Dank!

Gefreut haben wir uns, dass viele Punkte aus unserem letztjährigen Haushaltsbegleitbeschluß die Zustimmung fanden und umgesetzt wurden. Vielen Dank!

Zur Finanzplanung 2019

Für das kommende Jahr plant die Stadt eine schwarze Null und damit einen ausgeglichenen Haushalt. Lange hat es so etwas nicht mehr gegeben.

Gleichzeitig beabsichtigt die Stadt Investitionen in einer bislang nie dagewesenen Dimension: 115 Mio € sollen investiert werden, die Hälfte davon in den Hafen.

Der nahezu ausgeglichene Haushalt wurde möglich, weil über Jahre ein harter Sparkurs gefahren wurde. Man mag Bernd Saxe für Vieles kritisieren, den Sparkurs hat er (gezwungener Maßen) festgelegt und durchgesetzt. Das Ergebnis sehen wir nun. Mit der schwarzen Null ist eine Wendemarke erreicht.

Die guten Ergebnisse und Erwartungen sollten aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Lübeck auch weiterhin massiv verschuldet ist. Jahrzehnte lang lebte man auf Pump. Defizite der zurückliegenden Jahre haben sich zu einem hohen Schuldenberg aufgetürmt. Dieser Berg lässt sich nicht mit einem guten Ergebnis abbauen. Es wird Jahre dauern. Zudem müssen Kredite berücksichtigt werden, die für Investitionen eingeplant sind, sowie Verpflichtungen, die die Stadt eingegangen ist. Alleine für die Zinsen geben wir aktuell 15 Mio € aus.

Ja, wir haben es geschafft. Und schon wird wieder richtig Geld in die Hand genommen.

Für 2019 sind Investitionen in einer Größenordnung von 115,3 Mio € geplant. Die meisten Investi-tionen werden im Bereich Planen und Bauen eingeplant. Während 18,3 Mio € in den Schulausbau gehen sollen, sind 7,8 Mio für Hochbaumaßnahmen vorgesehen. Für Straßen, Brücken und Wege bleiben 17,3 Mio € und für den Hafen 47,07 Mio €.

Zum Hafen

Die Investitionen im Hafen konzentrieren sich hauptsächlich auf 2 Projekte am Skandinavien-Kai. Investitionen in den Hafen waren bislang fast immer rentierlich. Es kann aber auch mal anders laufen. Die LHG selbst sieht ihre Aktivitäten durchaus Risiken ausgesetzt. Nachzulesen sind die im Beteiligungsbericht.

So werden Risiken im Marktumfeld als Ergebnis der fortschreitenden Konzentrationsprozesse in der Logistikbrache gesehen. Zudem verliert der europäische Markt bei den Forstprodukten an Bedeutung. Schließlich besteht ein strategisches Risikopotential mit der Errichtung der festen Fehmarn-Belt-Querung. Der Bericht weist aber auch darauf hin, dass sich mögliche negative Effekte durch ein vorausschauendes Investitions- und Planungsentwicklungsverhalten weitestgehend kompensieren lassen.

Hafenplanungen haben eine lange Vorlaufzeit. Viele Positionen, die in den Haushalt eingestellt wurden, wurden vor langer Zeit angestoßen und auf den Weg gebracht. Bei einer Investition von 47,07 Mio € für 2019 stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit der Maßnahme. Ist es gerechtfertigt so viel Geld für ein Projekt in die Hand zu nehmen oder hätte es auch andere Optionen ge-geben? Im Nachhinein ist es einfach solche Fragen zu beantworten. Schwieriger ist der Blick in die Zukunft und die Frage nach der potentiellen Rentierlichkeit. Und da hätte ich mir einen Hafenentwicklungsplan gewünscht, auf den wir schon seit 20 Jahren warten. 20 Jahre sind in der Hafenent-wicklung eine Ewigkeit. Viele Jahre wurde wenig investiert. Die Wettbewerber in Rostock, Wismar und Kiel haben sich weiterentwickelt. Sie haben aufgeholt und uns teilweise überholt. Jetzt müssen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern und Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft geben. Wir sollten dabei immer auch das große Ganze im Blick haben. Investitionen in den Hafen sind Investitionen in die Zukunft. Sie schaffen Arbeitsplätze und damit Steuereinnahmen. Es gibt gute Gründe warum die Prioritäten diesmal so gesetzt wurden. In 2 oder 3 Jahren können sie ganz woanders liegen.

Zur Digitalisierung und Gebäudemanagementsystem / Bestandsmanagement

Wenn die großen Container-Schiffe der Trippel E Klasse den Hamburger Hafen anlaufen, wissen viele Stellen über jeden der bis zu 20.000 Container Bescheid. Selbst die Feuerwehr kann auf Informationen zum Inhalt, Zielhafen, Lage im Schiff, Gewicht und Gefahrenklasse zugreifen.

Das GMHL kann bei seinem Gebäudemanagementsystem auf weit weniger Informationen zugreifen. Dank mangelnder Kompatibilität der Systeme ist es noch nicht möglich eine stundenaktuelle Raum-belegung zu steuern. Das wäre aber sinnvoll um organisationsübergreifende Maßnahmen beispiels-weise bei einen Heizungsausfall wie im Kücknitzer Gymnasium einleiten zu können.

Die Hansestadt besitzt 924 Gebäude. Es ist ein unendlich großer Schatz. Es ist aber gleichzeitig auch die Achilles-Ferse der Stadt. Trotz Bauüberwachung schlummern viele Probleme im Verborgenen und treten völlig unerwartet auf.

Das Gebäudemanagementsystem besteht aus vielen Insellösungen. Die Raumbelegung lässt sich innerhalb einer Organisationseinheit prima steuern. Kritisch wird es, wenn organisationsübergreifend geplant werden muss. Hier muss nachgebessert werden.

Alle 924 Gebäude müssen zudem vollumfänglich erfasst werden. Bei der Doppik-Einführung wurden zunächst nur die Parameter erfasst, die der Wertermittlung dienten. Funktionelle und technische Aspekte blieben außen vor. Um die zu erfassen wird es noch Jahre dauern sagen Experten. Natürlich existieren von den meisten Gebäuden Pläne und Zeichnungen. Nicht jede Raumumnutzung eines Klassenraumes in eine Teeküche oder in einen Fitnessraum wurde in den Plänen vermerkt.

Mein Traum ist, dass es in naher Zukunft möglich sein sollte, dass ein Disponent sekundenschnell auf Raumausfälle reagieren kann. Schulfrei aufgrund einer ausgefallenen Heizung sollte es nicht mehr geben.

Jan Lindenau hat eine umfassende Digitalisierung versprochen. Es wird darauf ankommen, die richtigen, die wichtigen Dinge zu identifizieren und voran zu treiben. Wir kennen das von Smart-phones. Es gibt unfassbar viele Apps. Nur ganz wenige sind wirklich wichtig und notwendig. Ein stundenaktuelles Gebäudemanagementsystem gehört für mich ganz oben auf die Prioritätenliste!

Zur Stellenentwicklung

Lassen mich auch dazu etwas sagen. Der Stellenplan weist 164 neue Stellen aus, 3563 Vollzeitstellen wird es zukünftig geben. Die Verwaltung wächst weiter. Viele neue Aufgaben sind hinzugekommen. Viele neue Aufgaben hat der neue Bürgermeister definiert um die Stadt voran zu bringen. Der demographische Wandel hat und wird in der Zukunft die Verwaltung nachhaltig verändern.

Mehr Personal hätte ich mir in der BauVw gewünscht. Insbesondere in der Stadtplanung hätte ein weiterer Kollege helfen können die vielen noch offenen Bebauungspläne auf den Weg zu bringen.

Auch beim Gebäudemanagement (GMHL) gab man sich abgesehen von 2 Zusatzstellen bescheiden. Auch hier hätte ein weiterer Mitarbeiter dazu beitragen können, dass der Gebäudebestand schneller und umfassender erfasst wird.

Fachleute sind in diesem Bereich jedoch rar. Jan Lindenau tut gut daran in die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu investieren. Die Stadtverwaltung muss wieder zum attraktiven Arbeitgeber werden.

Zu den Stadtteilbüros

In guter Absicht hat sich die Bürgerschaft vor Jahren für eine Neukonzeption entschieden. Einige wenige zentrale Organisationseinheiten sollten die Aufgaben der vielen kleinen Stadtteilbüros übernehmen. Kostenerwägungen spielten dabei eine Rolle, aber auch Personalengpässe und technische Probleme. Nachdem das Thema Wahlkampfthema im Bürgermeisterwahlkampf wurde nun die Rolle rückwärts. Alles wieder auf null. Alles zurück in die alten Standorte. Die Probleme von einst sind Schnee von gestern. Man kann sich nur verwundert die Augen reiben. Mit viel Geld wurde der Meesenring vor nicht allzu langer Zeit ertüchtigt und neukonzipiert. Vieles dort ist nun überdimensioniert. Die Bürger wollten die Stadtteilbüros zurück. Ob sie aber auch wollten, dass hier so gnadenlos Geld verbrannt wird, darf bezweifelt werden!

Zur Konjunkturerwartung und den Konsequenzen daraus

Die Prognosen für die Zukunft sind zurückhaltend. Viele Indikatoren deuten darauf hin, dass sich die Konjunktur abschwächen wird. Wir werden zukünftig weniger Spielräume bei der Investitionsplanung haben. Das Thema Sparen wird an Bedeutung gewinnen. So wie wir in diesem Jahr, geprägt vom Wahlkampfkalkül, mit der Gießkanne großzügig die Steuergelder verteilt haben, werden wir nicht weiter machen können. Gerade die freiwilligen Leistungen werden auf den Prüfstand gestellt werden müssen. Wir brauchen dann gerechte Lösungen. Mein FDP-Kollege Ulf Hansen hat für den Kulturbereich einen Kulturentwicklungsplan angedacht. Er könnte helfen Kultur im richtigen Maße zu fördern und voran zu bringen. Und dies auch in Zeiten klammerer Kassen.

Sinnvoll erscheint es in jedem Jahr wieder neu Prioritäten zu setzen. Jedes Jahr sollte mit Augenmaß und Verstand entschieden werden wo Fördergelder im jeweiligen Jahr am sinnvollsten eingesetzt werden. Wir können hier viel von den Stiftungen lernen. Stiftungen kennen kein Gießkannenprinzip und auch keine gesicherte Grundfinanzierung. Stiftungen kennen stattdessen Projekte, für die jedes Jahr ein Antrag formuliert werden muss.

Ein Gesamtkonzept wird nötig

In vielen Bereichen leben wir heute noch von der Hand in den Mund. Wir denken noch viel zu kurz und hangeln uns von Jahr zu Jahr. Was fehlt ist eine mittelfristige Planung und ein Denken mit Weitblick und in größeren Zyklen.

Oft hat man das Gefühl Lübeck fehlt ein gemeinsames Identitäts-Verständnis. Ist Lübeck immer noch die Stadt der Kaufleute oder doch eine Stadt der Wissenschaft? Was möchte Lübeck sein? Ein Verwaltungsstandort? Ein Logistikstandort? Ein Hochschulstandort? Ein Einkaufsstandort? Ein Wohnstandort? Eigentlich wollen wir alles sein! Und genau das ist das Problem. Es macht Sinn das Profil zu schärfen und Ziele zu definieren. Es macht Sinn das Thema gemeinsames Leitbild noch einmal auf die Agenda zu setzen. Mit dem neuen Bürgermeister und einem neuen Denken in dieser Stadt wäre ein guter Zeitpunkt dazu.

Aktuell fehlt die gemeinsame Zielausrichtung und es fehlt die Abstimmung der vielen Einzelprojekte. Wie kann es sein, dass wir erst viele Einzelprojekte umsetzen, um dann ein Gesamtverkehrskonzept zu entwickeln? Wie kann es sein, dass ein Parkhaus am Wehdehof entsteht und wir im Nachgang darüber nachdenken wie ein Verkehrskonzept für die Altstadt aussehen könnte? Gleiches gilt für Travemünde wo seit Jahren neue Hotels und Ferienwohnanlagen genehmigt werden. Erst im Nachgang wird über ein Verkehrskonzept nachgedacht.

Lübeck ist eine wunderbare Stadt. Sie hat riesige Potentiale. Das größte schlummert in den Bewohnern! Wir sollten dieses Potential nutzen. Wir sollten Lübeck mit Visionen, Augenmaß und mit den Bürgern weiter entwickeln!

Ich wünsche uns heute allen, dass wir die richtigen Entscheidungen treffen, Entscheidungen, die Lübeck voran bringen. Mit Mut, Begeisterung und Kompetenz. Jan Lindenau ist auf einem guten Weg. Wir werden diesen Weg konstruktiv begleiten. Zum Wohle der Hansestadt und seiner Menschen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Thomas-Markus Leber, 29.11.2018, Lübecker Bürgerschaft